Bremerhavener Zeitball
Zeitball Geestemünde oder Bremerhaven?
Die Vereinbarung des Reichskanzleramts mit Preußen und Hamburg sah vor, dass die Hamburger Sternwarte die Signalgebung und Aufsicht für einen geplanten Zeitball in Geestemünde, der zugleich für Bremerhaven geeignet sein sollte, übernimmt.
Die lokale Standortwahl sollte aber berücksichtigen, dass der Ball von möglichst vielen Punkten des Hafens, der Reede und des benachbarten Fahrwassers sichtbar ist. Entsprechend dieser Vorgabe ersuchte die Telegraphen-Direktion Hannover die Hafenverwaltungen von Geestemünde und Bremerhaven um ihre gutachterliche Meinung.
Die Suche nach einem Standort an der Unterweser
Das Hafenamt Bremerhaven:
Die Schiffe im Hafen haben ihre Chronometer in der Regel nicht an Bord. Für die auf Rhede
ankernden Schiffe ist ein Zeitball von wesentlichem Interesse.
„Der Platz, auf dem der Stationsmast errichtet werden soll, muss deshalb von der Rhede aus überall sichtbar sein, -und dies ist, wie ein Blick auf die Karte zeigt, kein einziger Punkt so sehr, wie das Pier des Jetzigen neuen Bremerhavener Hafen“.
Bewertung der Kaiserlichen Telegraphen-Direktion Hannover
Nur die Kosten für die telegraphische Verbindung sind bei Punkt „A“ am
günstigsten.
„Der beste Standort um von allen Punkten aus gesehen zu werden, ist
der Punkt „B“ auf der Nordseite der Einfahrt zum neuen Hafen in
Bremerhaven. Die Fortification und der Lootsenkommandeur schließen
sich an.“
Die Entscheidung für Bremerhaven
Das Reichskanzleramt fragte beim Hamburger Senat an, ob die Vereinbarung über die Signalgebung und Kontrolle durch die Hamburger Sternwarte auch für Bremerhaven statt für
Geestemünde gelten würde. Der Hamburger Senat bestätigte dieses, wollte jedoch keine
Reisekosten für aufsichtführende Beamten übernehmen.
Das Reichskanzleramt teilte darauf dem Bremer Senat mit, dass der Zeitball an der Einfahrt zum neuen Hafen errichtet werden soll. Es begannen Vertragsgespräche über die Überlassung des Geländes, in dessen Verlauf auch weiteres über eine geänderte Bauplanung mitgeteilt wurde.
Der Vertrag zwischen der Reichs-Telegraphen-Verwaltung und Bremen
Die Telegraphenverwaltung bat Hugo Lentz auch die Bauplanung- und Leitung für den Zeitball Bremerhaven zu übernehmen. Nach Zustimmung des Hamburger Senats übernahm Lentz diese Aufgabe. Auch der Bremer Senat stimmte zu. Mit Wirkung vom 5. Juni 1875 wurde der Vertrag zur Überlassung des Platzes an der Einfahrt zum neuen Hafen
geschlossen.
Lageplan Einfahrt zum Neuen Hafen
Quelle: Vermessungs- und Katasteramt Bremerhaven
mit Standort für den Zeitball
53° 33` Nord
08° 34` Ost
00 h 34 m 16,5 s
Im Frühjahr 1876 wurde an der Nordseite zur Einfahrt zum Neuen Hafen ein großes Loch von 6 m Durchmesser und 1,5 m Tiefe ausgehoben. Dies war die Vorbereitung zur Herstellung des Betonfundaments für die neue Zeitball-Station Bremerhaven, eine Signalanlage für die Schifffahrt. Am 25, April 1876 war das Fundament mit 24 Ankern soweit fertiggestellt, dass mit dem Oberbau begonnen werden konnte. Vom 25. April bis zum 27. Juni 1876 war der Turm mit der Plattform aus den von der Firma F. Reck aus Hamburg gelieferten Eisenteilen soweit fertiggestellt, dass mit dem Anbringen des Zeitballs begonnen werden konnte. Das Eisengewicht des Turmes und der Plattform betrug 12500 kg. Am 21. September 1876 war der fertiggestellt. Die Inbetriebnahme erfolgt am 1. Oktober 1876 um 12:00 Uhr.
Der Zeitball bestand aus einem Eisengerippe und war mit schwarzem Segeltuch bezogen, sein Durchmesser betrug 1,50 Meter. Er wurde auf der Plattform durch 3 Eisenstangen geführt, welch auf der Plattform des Bauwerks durch Spannketten in senkrechter Stellung gehalten wurden. Oben hatte der Ball eine Öse, die von den Armen einer darüber hängenden Schere erfasst wurde. Die Schere, die ebenfalls durch 3 Eisenstangen geführt wurde, hing an einem Tau, welches oben über Rollen lief, dann weiter nach unten geführt wurde und dort an einer kleinen Winde befestigt war.
Posthaus in Bremerhaven von 1847 am Alten Hafen als Telegraphen- und Uhrenstation
Das Amt befand sich ab 1903 in der Schifferstraße
Der Zeitball wurde jeweils 3 Minuten vor der Fallzeit hochgezogen, zeigte aber 10 Minuten vorher bereits halbmast um den Schiffen anzuzeigen, dass der Fall bevorstand. Der Zeitball fiel jeweils um 12:00 Uhr mittags. Bei dem Bremerhavener Turm erfolgte die Auslösung schon drahtlos vom Telegrafenamt später von der Deutschen Seewarte.
Die Zeitballanlage war durch eine Telegraphenleitung mit der Telegraphen- und Uhren-Station verbunden. Diese Leitung war ca. 1700 Meter lang und teilweise unter der Erde verlegt. Die Bedienung der Anlage erfolgte durch Boten des Telegraphenamtes.
Bedienungsanleitung:
Anweisung betreffend die Behandlung des Mechanismus der Zeitball-Einrichtung
Uhren-Station der Zeitballanlage Bremerhaven
1929 – 1930 erhielt der Zeitballturm eine neue Plattform. Die Signalgebung wurde durch eine Lichtzeitsignale ähnlich denen der Zeitbälle ersetzt. Dieser Signaldienst wurde noch bis 1939 von der Deutschen Seewarte durchgeführt. Der Zeitballturm war 1949 noch vorhanden. Er ist vermutlich in 1950er Jahren abgebrochen worden, Reste des Fundament sind heute auf der Mole noch sichtbar.
Energieversorgung für den Telegraphendienst
Zur Versorgung mit elektrischer Energie war 1876 auf dem Telegraphenamt Bremerhaven eine Batterie mit 60 Meidinger Elementen installiert. Die öffentliche Versorgung mit elektrischer Energie begann in Deutschland etwa um 1880
und
1902 in Geestemünde
1905 in Bremerhaven
1907 in Lehe
Bild und Textquellen:
Auszug aus dem Vortrag von Egon Wehmeyer vom 20.11.2012 im DSM: Der Zeitball Bremerhaven (Mit freundlicher Genehmigung der Schifffahrtsgeschichtlichen Gesellschaft Bremerhaven) Niederdeutsches Heimatblatt 803 November 2016
Bauzeichnung vom
Zeitball-Turm
Bremerhaven
Entwurf von Hugo Lentz
Original- Zeichnungsgröße
ca. 67 X 81 cm